Vor meinem nächsten Termin in Wien habe ich etwas Zeit. Auf der Suche nach einer Baobab Story lande ich vor dem imposanten Gebäude des Naturhistorischen Museums (NHM). Bis zum 03. Juni 2018 findet hier die Ausstellung „Baobab – der Zauberbaum“ mit über 40 Baobab Fotografien von Pascal Maître statt. 27 Reisen hat der Naturfotograf nach Madagaskar unternommen. Dort hat er die mit Abstand ungewöhnlichsten Bäume auf der Insel fotografiert.
Doch zunächst arbeite ich mich die zahlreichen Stufen im üppig dekorierten Treppenaufgang bis in das oberste Stockwerk hoch. Mein Einsatz zahlt sich aus: vor mir öffnet sich ein phantastischer Ausstellungsraum. Sofort zieht eine fast Wand-füllende, stimmungsvolle Landschaftsaufnahme mit Baobabs im Sonnenuntergang meine Aufmerksamkeit auf sich. Minutenlang stehe ich vor dem Bild und lasse die Fotografie auf mich wirken. Leise klopft die Sehnsucht an – ich bekomme Fernweh. Seit langem steht Madagaskar auf meiner Reisewunschliste ganz oben.
Das Land ist besonders reich gesegnet mit Baobabs, denn von den weltweit insgesamt acht Spezies wachsen dort sieben. Sechs sind auf der Insel endemisch und nirgendwo sonst auf der Welt zu finden. Maître hat sie mit seinen Baobab Fotografien vortrefflich ins rechte Licht gerückt. Auf manchen Bildern schaut man mit dem Fotografen aus der Froschperspektive auf die Bäume, auf anderen von oben. Auf Augenhöhe gibt es bei Baobabs nicht. Sie sind einfach zu groß – selbst noch wenn einer der Giganten schon am Boden liegt. Bis zu 30 Meter hoch und 11 Meter dick werden die Riesen. Dank der Bilder bekomme ich einen stimmigen Eindruck von ihren Dimensionen.
Mitten in der Ausstellung – gegenüber vom Eingang – lädt eine begehbare Baobab-Konstruktion zum Verweilen ein. Sie ist dem Stamm eines Baobab nachempfunden. Ihr Durchmesser beträgt vier Meter und wirkt damit schon imposant – allerdings geradezu beengt im Vergleich zu lebenden Exemplaren. Neugierig drücke ich auf den Knopf, der eine Sprachkonserve aktiviert. Ich erfahre Wissenswertes aus verschiedensten Bereichen rund um die magischen Bäume und genieße die kleine Sitzpause.
Der Lebensbaum
Die Menschen auf Madagaskar nutzen nicht nur die Rinde als Dächer für ihre Häuser. Alle Teile der Bäume sind nützlich. Beliebt ist das Pulver aus den Früchten. Es hat so viele wertvolle Inhaltsstoffe, dass es weltweit inzwischen als Superfrucht gehandelt wird. Blätter nutzt die Bevölkerung als Gemüse, die Wurzeln liefern einen roten Farbstoff. Aus den Samen pressen sie das wertvolle Baobab Öl und aus der Rinde werden Seile.
Nicht umsonst nennt man den Baobab „Baum des Lebens“. Auch heute noch ist er wichtiger Bestandteil in der traditionellen Medizin. Die Blätter von Adansonia digitata, die am häufigsten vorkommende Art, enthält antivirale Wirkstoffe. Das haben wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. Baobab Fruchtpulver hilft, Fieber zu senken und unterstützt den Darm bei seiner Arbeit. Mit dem Öl behandelt man Ekzeme, Neurodermitis und andere Erkrankungen der Haut.
Baobabs können sehr alt werden – bei betagten Exemplaren in Südafrika wiesen Wissenschaftler mit der Radiokarbonmethode ein Alter von über 1.000 Jahren nach. Das mit 1.800 Jahren älteste Exemplar steht in der Limpopo Provinz in Südafrika. Allerdings verrottete ein Teil des Riesen von innen heraus und brach 2017 zusammen.
Der älteste Baobab auf Madagaskar trägt aufgrund seiner zahlreichen Furchen und Runzeln am Stamm den Namen „alte Großmutter“. Mit den Jahren höhlen ältere Affenbrotbäume von innen aus. Manchmal hilft der Mensch bei diesem Vorgang nach. Dann dienen die Höhlen als Wohnraum, Stallungen für Vieh oder Lagerstätten für Vorräte. Besonders wichtig ist, dass sich in manchen Höhlungen Regenwasser sammelt. Sie sind in Trockenzeiten wertvolle Wasserquellen. Auch im Stamm, den Wurzeln und Ästen speichern Baobabs Wasser. Damit können sie trockene Phasen und Dürrezeiten überstehen. Bei genauer Betrachtung ist der Baum ein eigenes kleines Ökosystem. Er bietet vielen Lebewesen Nahrung, Wasser und ein Zuhause.
Der Baobab – ein heiliger Baum
Auch heute sind Baobabs für viele Madagassen heilig. Zahlreiche Geschichten und Mythen ranken sich um sie. Das madagassische Pendant zum biblischen Adam soll seine „Eva“ – wie könnte es anders sein – aus einem Baobab geformt haben. Der Schöpfergott Zanahary liebte den Baobab einer Legende nach sehr. Deshalb habe er ihm den besten Platz im Wald gegeben. Doch der Baobab vertrug die Feuchtigkeit nicht und fing an zu nörgeln. Der Gott verlor die Geduld. Er riss den Baum mitsamt den Wurzeln aus und warf in fort, soweit er konnte. Der Baobab landete mit den Ästen voran im Erdreich. Bis zum heutigen Tag reckt er sein weit verzweigtes Wurzelwerk in den Himme. Sein Nörgeln hört man seitdem nicht mehr. Diese Geschichte erklärt das mitunter skurrile Aussehen der Bäume.
Bekannt ist der Baobab auch als Versammlungsort und Marktplatz in Dörfern. Unter dem Baobab wird verhandelt und beratschlagt. Besonders die alten, großen und mit markanter Wuchsform ausgestatteten Bäume sind beliebte und gut sichtbare Treffpunkte und Wegweiser.
Auf einer Informationstafel lese ich, wie Maître eine magische Nacht in einem Baobab verbrachte, um dort die beeindruckende Blüte der Giganten zu erleben. Von seiner Erfahrung sagt er: „In jener Nacht schlief ich hoch oben in diesem Baum, zwischen Himmel und Erde. Als ich aufwachte, fand ich mich unter Tausenden von Sternen und sich öffnenden Blüten wieder. Ein unvergessliches Erlebnis.“
Ich habe zwar noch keine Nacht in der Baumkrone eines Baobabs verbracht, um das Wunder einer sich öffnenden Blüte zu erleben. Für mich tat es auch ein bequemer Campingstuhl. Ich stellte ihn direkt unter eine riesigen Baum in Südafrika, der über und über voll war mit Knospen. Am späten Nachtmittag oder Abend öffnen die Bäume – je nach Standort – ihre Blüten. Das stille Schauspiel währt nur eine einzige Nacht. Bereits am nächsten Morgen beginnen die Blüten zu welken, am späteren Vormittag fallen sie ab.
Spätestens nach einer zweiten Runde in der Ausstellung bin ich auch der Magie der Madagassischen Baobabs verfallen. Es wäre zu schön, sie in ihrem natürlichen Umfeld aufzusuchen. Doch gerade auf Madagaskar sind sechs der sieben vorkommenden Arten bedroht. Ihre Lebensräume schwinden drastisch. Verantwortlich dafür sind unter anderem wachsende Bevölkerungszahlen und der Hunger nach landwirtschaftlichen Nutzflächen, der die majestätischen Bäume mehr und mehr verdrängt.
Schöne aufnahmen, aber für die fülle, die es in den verschiedensten tageszeiten und wetterbedingungen in Madagascar gibt, war es eher eine magere ausbeute. Ich persönlich hätte mit 08-15 amateuraufnahmen ein weiteres zimmer füllen können….
War sehr enttäuscht, kenne ich doch den Baobab seit langem, ziehe selbst einen aus dem samen.
Liebe Gudrun, ich kann Deine Enttäuschung verstehen. Mir hat die Ausstellung insgesamt gefallen, auch wenn ich gerne – wie Du – noch mehr Fotos gesehen hätte. Herzliche Grüße, Heike Pander