Eine gute Tat am Tag: Bienenvolk gerettet

Zum Bienenretten muss man nicht die Feuerwehr rufen – ein Anruf bei der örtlichen Bienenschwarm-Notrufnummer vom Imkerverein erfüllt seinen Zweck…

Bienenvolk am Kirschbaum, ©Heike Pander

Bienenvolk am Kirschbaum, ©Heike Pander

Der Tag zeigt sich von seiner besten Seite, die Sonne lacht vom Himmel. Ich nutze diese günstige Gelegenheit und mache den Balkon sommertauglich. Dabei freue ich mich auf lauschige Stunden mit spektakulärem Blick in die fast Hundert Jahre alte Buche davor. Doch da ist gerade schwer was los: über der Zierkirsche neben der Buch steht eine dunkle Wolke. Aufgeregte Insekten kreisen über den Ästen – jetzt kann ich auch das Summen hören. Ein Bienenvolk ist im Anflug und lässt sich auf einem der Äste der Kirsche nieder.

Bienenvolk am Kirschbaum, ©Heike Pander

Bienenvolk am Kirschbaum, ©Heike Pander

Erste Nachbarn versammeln sich unter dem Kirschbaum, Kinder werfen mit Wasserflaschen nach den Bienen. Das sieht nicht gut aus. Im Internet finde ich den Kontakt zum lokalen Imkerverein, der für solche Fälle sogar eine Bienenschwarm-Notrufnummer gepostet hat. Diese rufe ich auch sofort an – der Imker Peter Schlurmann meldet sich. Er möchte wissen ob das Volk sich schon am Ast gesetzt hat und wie hoch es von der Erde entfernt ist. Nach kurzem Abwägen beschließt er, sich sofort auf den Weg in unseren Garten zu machen – toller Service!

Peter Schlurmann beim "Einfangen" eines Bienenvolks, ©Heike Pander

Peter Schlurmann beim „Einfangen“ eines Bienenvolks, ©Heike Pander

Mittlerweile hat sich das Bienenvolk fast komplett um die Königin, die vermutlich als eine der ersten auf dem Ast gelandet ist, gesetzt. Nur wenige schwirren noch durch die Luft. Nach kurzer Bestandsaufnahme holt der Fachmann sein Werkzeug aus dem Auto. Mit einer großen Spritzflasche bespritzt er die Bienen auf dem Ast mit Wasser – „das macht die Bienen träge“, erklärt er.

"Erntegerät" zum Einfangen eines Bienenvolks, ©Heike Pander

„Erntegerät“ zum Einfangen eines Bienenvolks, ©Heike Pander

Dann greift er zu einer langen Stange, an deren Ende ein Sack hängt – in etwa so, wie ich sie vom Obsternten kenne, nur viel größer und pfiffiger. Das System überzeugt, denn die Öffnung am Sack lässt sich geschickt zusammenklappen. Damit kann man das Bienenvolk regelrecht „einsacken“ ohne ihm dabei Schaden zuzufügen.

Leider haben die Bienen sich am Ast zu einer Art übergroßem Lederei, wie man es vom American Football kennt, und nicht zu einem schönen runden Fußball, geformt. Das erschwert das Einsammeln, denn letzteres sei leichter zu entfernen sagt der Bienenfreund und schreitet zur Tat. Geschickt umfasst er das Volk und klappt den Sack an der Stange zu. Gut zwei Drittel hat er erwischt, der Rest scheint hartnäckig am Ast zu kleben oder schwirrt aufgebracht um den Imker. Ein paar Stiche muss er dabei einstecken und meint „diese Bienen sind auch nicht freundlicher als meine eigenen“. Offenbar ist er diese Art der Behandlung gewöhnt. Die Bienen tun auch nur das, was im Normalfall jeder tun würde: sie verteidigen ihre Familie.

Peter Schlurmann, Imker, ©Heike Pander

Peter Schlurmann, Imker, ©Heike Pander

Der Beutel hat unten eine Öffnung. Durch diese schüttelt Schlurmann vorsichtig den erwischten Teil der Bienen in eine schlau konstruierte, geöffnete Transportbox. Schnell den Deckel zugemacht und dann heißt es warten. Einen Teil der immer noch draußen irritiert herumfliegenden Bienen zieht es wie mit dem Magnet zum Kasten – offenbar sitzt die Königin schon drin. Durch schmale Schlitze an der Vorderseite der Box krabbeln die Bienen hinein. Die Königin ist größer als die anderen Bienen und kommt nicht durch die Schlitze aus der Box heraus. Das Volk ist treu und somit bleiben alle in der Box. Weitere Bienen hängen, emsig mit den Flügeln schlagend, an den mit feinem Gitter abgedeckten Löchern der Kiste. Durch die Löcher bekommen die Bienen Luft. „Die Königin verströmt Pheromone, das zieht die übrigen Bienen an“,weiß der Fachmann. Deshalb lässt er die Transportbox auch noch einige Zeit im Schatten unter dem Kirschbaum stehen. Damit haben alle Bienen die Möglichkeit, wieder zu ihrer Königin zu finden.

Transportkasten für Bienenvölker, ©Heike Pander

Transportkasten für Bienenvölker, ©Heike Pander

Mich beschäftigt die Frage, warum sie sich überhaupt von ihrem vorherigen Zuhause entfernt haben. Der Experte vermutet, dass sich ein Volk geteilt hat: „wahrscheinlich ist diese Königin alt und hat auf dem Kirschbaum eine Pause eingelegt“. Das sei nicht ungewöhnlich, wenn in einem Bienenvolk eine neue Bienenkönigin geboren würde. Wir hätten das „Problem“ auch aussitzen können, denn die Bienen wären vermutlich am Nachmittag weitergezogen, meint Schlurmann. Doch im Garten spielen Kinder und wir wollten kein Risiko eingehen. Außerdem weiß man nicht, welchen Standort sich das Volk als nächstes aussucht. Schlüpft es hinter eine Fassade oder in einen Rolladenkasten, wird es mit der Bergung deutlich aufwändiger.

Peter Schlurmann beim Beruhigen eines Bienenvolks, ©Heike Pander

Peter Schlurmann beim Beruhigen eines Bienenvolks, ©Heike Pander

Das auf diese Weise geborgene Bienenvolk zieht also besser bei einem Jungimker ein, der dabei ist, sich Bienenvölker aufzubauen. Obendrein spendiert Imker Schlurmann eine neue Königin, damit das Volk weiter besteht. Der Service war für uns kostenfrei und niemand ist zu Schaden gekommen – sieht man von den Stichen ab, die Schlurmann bei der „Bienenrettung“ davongetragen hat.

"Imkerauto", ©Heike Pander

„Imkerauto“, ©Heike Pander

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