Braunbären in Europa? Ja, zum Glück gibt es sie noch. In der Hohen Tatra in der schönen Slowakei war ich auf Spurensuche.
Löwen und Leoparden habe ich auf meinen Wanderungen in der freien Wildbahn im südlichen Afrika schon gesehen. Braunbären in Europa hingegen noch nie. Das ist auch gar nicht mehr so einfach, denn sie kommen in der Wildnis nur noch selten vor – und wenn sich in Deutschland mal einer zeigt, geht die Diskussion um „Problembären“ direkt los. Dabei werden sie meist erst zu „Problembären“ durch den Einfluss von Menschen. An sich sind die Fellträger menschenscheu – nicht ganz grundlos, wie mir scheint. Meist verschwinden sie, bevor man sie überhaupt als Wanderer zu Gesicht bekommt. Wer ganz sicher gehen möchte, dass Meister Petz sich verdrückt, geht nicht alleine ins Bärengebiet und macht auf sich aufmerksam: mit den Wandergefährten sprechen oder ein Bärenglöckchen dabei haben. Wem das immer noch nicht genügt, der trägt ein Bärenspray aus Chilipulver griffbereit am Rucksack.
Anfang dieses Jahres habe ich in einer bemerkenswerten Naturdokumentation über die Hohe Tatra bezaubernde Aufnahmen von Braunbären gesehen. Sie saßen in den Kronen von Zirbelkiefern und fraßen sich an deren Zapfen satt. Die Wipfel schwankten dabei bedrohlich unter dem Gewicht der Bären. Die Bilder haben mich nicht mehr losgelassen – zu gerne hätte ich die Tiere live gesehen. Wie es der Zufall so will: wir stießen auf den Kontakt von Jan Barilla. Er ist Braunbär-Experte. Außerdem hat er uns in Betlanovce ein Gästezimmer vermietet – keine drei Kilometer vom Slowakischen Paradies entfernt.
Auf der Spur der Braunbären
Jan nahm uns mit auf Bärensuche in den Westen der Hohen Tatra. Auf einem schmalen Pfad ging es zunächst stetig bergauf und über Stock und Stein – im wahrsten Sinne des Wortes, denn im Nationalpark und seiner Randzone ist alles sehr naturnah. Das wissen auch die Bären zu schätzen, denn schon nach kurzer Zeit treffen wir auf ihre Hinterlassenschaften: intensiv blau gefärbte Losung. In ihr sind die Reste der letzten Mahlzeit noch deutlich zu erkennen: Blaubeeren.
Auf schmalen Pfaden durch den Wald
Durch dichten Nadelwald geht es weiter. Der Waldboden ist an manchen Stellen weich, klingt etwas hohl bei jedem Schritt und federt leicht nach. Ein angenehmes Gefühl. Am Rande einer Lichtung machen wir eine Rast. Jan zeigt uns einen Kratzbaum – eine Kiefer, die ein Bär kräftig mit seinen Vorderpranken traktiert hat. Das Harz ist noch ganz frisch und duftet herrlich. Lange kann das Tier nicht vor uns vorbeigekommen sein.
Auf zum Lieblingsfutterplatz der Braunbären
Der Hang gegenüber liegt in der warmen Herbstsonne. Auf ihm wachsen Blaubeeren. Die niedrigen Sträucher sind um diese Jahreszeit übervoll mit reifen Früchten. Ein üppiger Futterplatz für die Bären. An sich kommen sie gerne am späteren Nachmittag, doch bei Bären kann man nie wissen – sie haben ihren eigenen Rhythmus… Konzentriert scannen wir mit unseren Ferngläsern den Hang. Noch ist keiner der Fellträger zu sehen. Jan folgt bei seiner Arbeit dem Prinzip, die Bären so wenig wie möglich in ihrem Tagesablauf zu stören. Deshalb halten wir uns zurück und beobachten sie aus angemessener Entfernung. Nach einer kurzen Stärkung mit süßem Kräutertee geht es weiter bergauf und über kleine Bäche.
Wir haben Glück: Braunbären in Sicht
Die Sonne beginnt schon langsam zu sinken. An einer erhöhten Stelle hält Jan wieder an. Sein Blick gleitet über den Hang, sein Körper spannt sich plötzlich an, das Fernglas ist jetzt konzentriert auf einen Punkt gerichtet. Ich folge seiner Bewegung – und traue meinen Augen kaum: drei braune Punkte, die sich aus einem niedrigen Kiefernwäldchen auf einen fast trockenen Bachlauf zubewegen. Durch mein Fernglas erkenne ich eine Bärin mit zwei fast erwachsenen Jungtieren. Sie halten direkt auf die Blaubeersträucher zu. Der überraschende Wintereinbruch am Vorabend hat die Tiere aufgeschreckt. Sie nutzen die letzten warmen Tage, um sich den überlebenswichtigen Winterspeck anzufressen.
Manche Braunbären sind „blond“
Die Jungtiere unterscheiden sich von der Bärin. Sie haben am Hals deutlich sichtbar einen weißen Fleck im Fell. Von der Ferne besehen schimmert ihr Haarkleid fast silbern – das verdanken sie der Sonneneinstrahlung. Das Fell der Braunbären hat die unterschiedlichsten Schattierungen, manche sind fast „blond“, andere dunkelbraun. Überrascht hat uns besonders, dass die Bären in der Hohen Tatra hauptsächlich vegetarische Kost bevorzugen: zu 90% ernähren sie sich von Gräsern, Kräutern, Beeren, anderem Obst, Wurzeln und nur ganz selten von Beutetieren.
Braunbären mögen es süß
Fast eine Stunde haben wir das Vergnügen, den Bären beim Fressen zuzusehen. Ab und an tollen die Jungtiere über den Hang. Die Sonne verschwindet schnell am Hang, es wird kalt. Wir machen uns auf den Rückweg. Der Abstieg ist deutlich leichter. Unterwegs stoßen wir auf das Stück einer ausgehobenen Bienenwabe. Es ist leergeleckt und sieht aus wie grauer Karton. Aufgeregt umschwirren die letzten Bienen das große Loch in der Erde. Bären lieben Honig. Der Feinschmecker, der hier gewirkt hat, ist noch nicht lange wieder fort.
Das Ende unserer gelungenen Bärenexkursion verbringen wir im „Utopia“, Poprads bekanntester Pizzeria. Hier erfahren wir auch, dass Jan sich nicht nur mit Bären ausgezeichnet auskennt. Er bietet auch Wanderungen zu Wölfen, Wisenten, Gämsen und Auerhähnen an. Das nächste Abenteuer ist uns sicher, denn für uns ist klar: das war nicht die letzte Expedition mit Jan Barilla.
I was there last September as well. It’s a great place to enjoy nature and wildlife.
Thank you, Sam Puls, for your comment – yes, it is a wonderful place. All the best to you! Kind regards, Heike Pander