Aufs Eis in Tornow

Tornow See

Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Der Wind pfeift durch die kahlen Äste, die Märzsonne steht hoch am Himmel. Trotz ihrer  wärmenden Strahlen klettert das Thermometer heute nicht in den positiven Bereich. Seit Tagen herrscht Dauerfrost. Vom Kneipp-Kurort Buckow im Zentrum des Naturparks Märkische Schweiz, etwa 50 Kilometer östlich von Berlin, wandern wir ein kurzes Stück bis zum Großen Tornower See.

Großer Tornowsee

Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Die Wanderung dauert etwa eine Dreiviertelstunde und ist nicht anspruchsvoll. Sie führt ein Teilstück durch Buckow, vorbei am Naturparkzentrum „Schweizer Haus“ an einem kleinen Bach entlang. Dass man dem See näher kommt, erkennt man an den Spuren seiner nächtlichen Bewohner: Biber haben sich an den Stämmen dünner Bäume zu schaffen gemacht und schon einige zu Fall gebracht. Nach Aussagen eines Anwohners leben inzwischen zwei Biberfamilien im Großen Tornower See.

Biberspuren, Tornow

Nagespuren Biber, Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Von ihnen ist heute allerdings nichts zu sehen. Still liegt vor uns der zugefrorene See. Zaghaft wage ich die ersten Schritte auf das Eis. Ich bin fasziniert von den Luftblasen, die in der Eisschicht festgefroren sind. Aus dem Faulgrund im See steigen immer wieder Gase auf, die nicht entweichen können und festfrieren. Die eingeschlossenen Luftblasen sind für mich nicht das einzig Geheimnisvolle. Von einem Anwohner hören wir die Geschichte, dass an der Südspitze des Sees tief im Wasser noch ein Flugzeug aus dem zweiten Weltkrieg stecken soll. Bisherige Bergungsversuche seine fehlgeschlagen. Vielleicht lebt jetzt eine Biberfamilie in dem Wrack – auf jeden Fall habe sie sich in diesem Teil des Sees angesiedelt.

Eisdetail, Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Eisdetail, Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Schlittschuhe haben wir keine dabei – trotzdem macht das Schlittern auf dem Eis mächtig Spaß. Welch ungewohnte Perspektive! Sonst kenne ich den See nur vom Ufer aus, heute kann ich die Umgebung von der Seemitte aus bestaunen.

Tornowsee

Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Über dem See thront das Haus am Tornower See. Es ist ein beliebter Ort für Familienfeiern. Ab und zu wird es für Übernachtungsgäste geöffnet. Das Haus hat eine wechselvolle Geschichte durchlaufen. Zunächst diente es als privates Feriendomizil, als Feldlazarett während des zweiten Weltkriegs und wurde nach dem Krieg bis in die 1990er Jahre als Waisenhaus genutzt. Seit 2000 bewirtschaftet es die „PRENZLKOMM“, ein psycho-sozialer Träger aus Berlin. Heute wirkt es über der erstarrten Landschaft jedoch eher etwas verschlafen – und ganz anders als wir das von unseren Besuchen im Sommer in Erinnerung haben.

Eisdetail, Tornowsee

Eisdetail, Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Jeder Schritt auf dem See löst unwirkliche Geräusche aus – das Eis arbeitet. Manchmal kracht es. Ein Ingenieur, der am See lebt, erklärt, dass das Eis durch die Sonneneinstrahlung unter starker Spannung steht. Überall sind Risse zu sehen. Sie frieren sofort zu – das Eis ist stark genug und trägt, versichert uns der Ingenieur. Er muss es wissen, denn er hat schon vor Tagen mit einem Handbohrer eine Probebohrung durchgeführt. Da sei das Eis schon 23 Zentimeter dick gewesen, lässt er uns wissen.

GroßerTornowsee

Großer Tornower See, Märkische Schweiz

Besonders intensiv seien die Geräusche in der Nacht zu hören, erzählt der Ingenieur. Wir wollen es genau wissen und fahren nachts noch einmal an den See. Minus 10° C zeigt das Bordthermometer am Auto. Es ist bitter kalt, wir stehen zitternd am Ufer. Und es geschieht: Nichts. Ein paar Mal kracht es leise. Die Kräfte, die das Eis bewegen, hören wir nicht. Lange halten wir nicht durch. Nach einigen Minuten sitzen wir wieder im beheizten Wagen und machen uns auf den Weg nach Hause.

Kleiner Tornowsee

Kleiner Tornower See, Märkische Schweiz

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